Whey oder Casein? Wann lohnt sich welches Protein mehr?
Whey oder Casein – Was lohnt sich (wann)?
Schaut man sich den Markt der Nahrungsergänzungsmittel an, entdeckt man viele verschiedene Sorten an Protein, z.B. Whey, Casein, Eiprotein (Albumin), Sojaprotein, Reisprotein und Mehrkomponenteneiweiß, was wiederum aus mehreren Sorten besteht, wie der Name vermuten lässt.
Natürlich kommen dazu mittlerweile noch ein paar vegane Sorten (zu denen Soja- und Reisprotein natürlich auch zählen), wie z.B. Hanfprotein oder Erbsenprotein.
In diesem Beitrag geht es um die beiden dominierenden Proteinquellen überhaupt: Whey (Molkeeiweiß) und Casein (Milcheiweiß).
Ich vergleiche die beiden Sorten und stelle für dich die Vorteile den Nachteilen gegenüber.
Whey – Der Goldjunge
Schaut man sich die Werbeprospekte, Kataloge und Websiten der Supplementhersteller an, so dominiert im Bereich Protein mit sehr großem Vorsprung das Wheyprotein. Die Gründe sind gar nicht so vielseitig, denn es geht immer nur um einen einzigen Vorteil: Whey ist schlichtweg das Protein, welches dem Körper am schnellsten zur Proteinsynthese bzw. zur Verwertung zur Verfügung steht, nachdem es getrunken wurde.
Das ist natürlich auch gleichzeitig der Werbeslogan der Hersteller und Empfehlungsargument Nummer 1 der Verkäufer und Wiederverkäufer. Wenn ein Sporteinsteiger in einen Shop kommt und fragt: “Welches Protein für den Muskelaufbau am besten ist”, dann wird der Verkäufer ganz sicher Whey empfehlen – und zwar direkt nach dem Workout und ansonsten 1-2 Mal am Tag zusätzlich jeweils eine Portion, um den Proteinverzehr des Einsteigers etwas zu pushen, denn wer ernährt sich schon von Anfang an entsprechend gut bzw. eiweißreich genug, um Muskeln aufzubauen.
Somit versucht der Verkäufer gleich 2, eigentlich sogar 3 Fliegen mit einer Klappe zu schlagen:
- Er empfiehlt den seines Wissen nach anabolsten Zeitpunkt für die Einnahme von Whey, nämlich Post-Workout, also direkt im Anschluss an das Krafttraining im Gym.
- Er versucht die Mangelernährung des Einsteigers zu kompensieren, denn wer “Welches Protein ist für den Muskelaufbau am besten?” fragt, hat den Sinn einer fitnessorientierten bzw. muskelaufbauorientierten Ernährung noch nicht verstanden und besitzt folgerichtig höchstwahrscheinlich keine optimale Ernährung für den Muskelaufbau. Indem er den Proteingehalt in seiner Ernährung durch bis zu 3 Shakes am Tag (also mit Milch idealerweise 96-105 Gramm zusätzliches Protein am Tag) erhöht, hofft er einfach auf mehr Erfolg beim Muskelaufbau für den Einsteiger durch den erhöhten Proteinverzehr – und dadurch natürlich eine gute Mundpropaganda bzw. Werbung für den Shop bzw. das entsprechende Produkt.
- Natürlich ist auch ein bisschen Marketing im Spiel, weil es in der Fitnessbranche (bei Absatzzahlen im Milliardenbereich) nun mal um Geld geht: Wer 2-3 Shakes am Tag trinkt, der kommt schnell wieder. Selbst mit einer 2-kg-Dose Wheyprotein ist bei 3 Portionen à 30 Gramm am Tag nach knapp 22 Tagen Schluss.
Was ist eigentlich Whey?
Whey ist weitaus weniger magisch, als der ein oder andere vielleicht denken würde. Im Grunde ist Whey ein Nebenprodukt der Käseherstellung – und wenn man es böse ausdrücken möchte, kann man es auch als Abfallprodukt betiteln.
Bei der Herstellung von Käse bleibt eine Flüssigkeit übrig (Molke), die weniger als 1% Eiweißgehalt besitzt und damit für den Muskelaufbau im Grunde nicht wirklich wertvoll wäre.
Durch ein Verfahren wird nun die Flüssigkeit entzogen – übrig bleibt ein Pulver, schlichtweg das Whey-Proteinpulver. Der Name Whey kommt übrigens vom deutschen Wort “Molke”, Molkenprotein ist also folgerichtig der deutsche Name des Wheyproteins.
Whey wird als sehr schnell vom Körper verwertbares Protein beworben, also schauen wir uns einfach mal die Verwertungszeit an.
Wie schnell wirkt Wheyprotein?
Erstmal geht es darum zu definieren was “Wirken” in diesem Zusammenhang bedeutet: Es ist der Zeitpunkt, ab dem der Körper anfangen kann, mit dem Protein tatsächlich zu arbeiten und dazu reicht es natürlich nicht, dass das Whey im Magen angekommen ist.
Das Wheyprotein muss verdaut werden, die Aminosäuren müssen im Blut landen und werden dann im Körper verteilt, z.B. auch an das geschädigte Muskelgewebe nach einer intensiven Trainingseinheit, aber nicht ausschließlich. Aminosäuren sind nicht nur zum Aufbau des körpereigenen Proteins notwendig (wobei hierunter auch Muskelaufbau fällt), sondern werden darüber hinaus auch noch verstoffwechselt – z.B. zu Glukose.
Etwa 20-40 Minuten nach dem Verzehr des “traditionellen” Proteinshakes im Anschluss an das Training” 😀 ist das Aminosäurenlevel im Blut am höchsten und bis maximal 1 Stunde nach dem Verzehr(!) sind alle Aminosäuren aus diesem Whey verarbeitet worden, wodurch natürlich erkennbar wird, wann man idealerweise die nächste Mahlzeit einnehmen sollte.
Natürlich sei an dieser Stelle erwähnt: Nur weil der Aminosäurengehalt im Blut absinkt, bedeutet es nicht, dass der Körper einen Eiweißmangel erleidet, denn er hat schließlich genügend Eiweiß bekommen, um damit erstmal zu arbeiten.
Also ist Whey doch .. perfekt?
Es gibt Situationen, in denen nicht immer “Schnell schnell’ von Vorteil ist und deshalb gibt es auch Szenarien, in denen der Einsatz von Wheyprotein einfach fehl am Platz ist, weil der größte Vorteil (die schnelle Verwertung) plötzlich zum größten Nachteil wird.
Und das war jetzt eine saubere Überleitung zum Casein, denn Casein ist.
Casein – Das “langsame” Protein
Bisher ging es um das Whey. Wer die Werbemedien der Supplementhersteller durchstöbert, findet ein Whey-Angebot nach dem anderen. Wheyprotein wirkt schnell und ist damit das Protein, welches dem Körper am schnellsten zur Verwertung zur Verfügung steht, nachdem es getrunken wurde.
Aber nicht immer geht es um eine schnellstmögliche Verwertung und genau da kommt Casein ins Spiel. Casein ist mehr oder weniger das Gegenstück. Natürlich versorgt es den Körper auch mit Protein, aber viel langsamer.
Was ist Casein?
Casein ist Hauptbestandteil im Milchprotein, und, genau wie Whey, relativ günstig im Kauf und obendrein, ebenso wie Whey, auch in vielen Mehrkomponenteneiweißpräparaten ein wesentlicher Bestandteil.
Aus Casein wird im Magen-Darm-Trakt eine Art gelartiger Ernährungsverdauungsverzögerer. Die Verwertung der Aminosäuren wird verlangsamt, das Casein-Protein wird nach und nach verarbeitet. Bis zu acht Stunden lang bekommt der Körper nach der Einnahme Casein zur Verwertung zugespielt.
Wie schnell wirkt Casein?
Erst nach 3-4 Stunden hat der Aminosäurenspiegel nach der Einnahme von Casein sein Maximum erreicht, aber dieses Maximum an verwertbaren Aminosäuren im Blut liegt deutlich niedriger als nach der Einnahme vom Whey, dafür tritt es aber deutlich später auf. Alles hat irgendwo seine Vor- und Nachteile.
Auf den ersten Blick könnte man jetzt sagen: “Moment, wenn die Aufnahmerate stark verlangsamt ist und das Aminosäurenmaximallevel im Blut viel geringer als beim Whey ausfällt, wieso verwendet man dann Casein überhaupt?”
Ganz einfach: Auch die langsame Verwertungsgeschwindigkeit hat einen Vorteil. Durch die ständige (wenn auch geringe) Abgabe an Protein an den Körper, verringert sich die Proteinabbaurate stark.
Für Sportler, die nicht genügend Protein in ihrer Ernährung haben, ist Casein somit eine Hilfe gegen Muskelabbau.
Schlägt Wheyprotein Casein im Vergleich?
Auch wenn Whey immer als das hochwertigste Protein für den Muskelaufbau überhaupt gilt, ist es im Vergleich Whey vs. Casein kein klarer Sieger.
Die biologische Wertigkeit des Wheys ist zwar sehr hoch ist, was bedeutet, dass die Proteinstruktur des Wheyproteins dem körpereigenen Protein sehr ähnlich ist, aber auch die biologische Wertigkeit von Casein ist sehr hoch. Daher kann der Körper mit beiden Eiweißsorten nahezu identisch viel anfangen. Um sich zwischen den beiden Proteinsorten entscheiden zu können, sollte man sich über beide Supplemente gründlich informiert haben, indem man z.B. den Beitrag bisher sorgfältig gelesen hat. 😉
Vorteile und Nachteile
Um zum Thema Vorteile und Nachteile zu kommen: Wheyprotein besitzt den Vorteil der schnellen und vergleichsweise starken “Sofortwirkung”, während Casein den Langzeitwirkungsvorteil besitzt. Andersrum betrachtet ist das auch mit Nachteilen verbunden, denn Wheyprotein ist schnell verdaut und wirkt nicht langandauernd, während Casein keinen wirklichen Peak bei der Proteinversorgung entwickelt und nur sehr langsam aufgenommen wird, was beispielsweise nach dem Training Fehl am Platz wäre. Man muss klar zwischen beiden Vorteilen differenzieren und kann bzw. sollte nicht zu jeder Möglichkeit und schon gar nicht immer auf Whey zurückgreifen.
Wenn mich jemand fragt, ob er Whey oder Casein verwenden soll, frage ich immer nach dem Zweck, den er erreichen möchte. Entweder möchte man seine Muskeln nach dem Sport schnell mit Protein versorgen oder man möchte, z.B. über Nacht, seinen Körper längerfristig mit Eiweiß versorgen. Meistens geht es aber um ersteres, also darum seine Muskeln nach dem Training mit Eiweiß zu versorgen – und da ist Whey dann der richtige Ansprechpartner, was die Proteinversorgung angeht.
Der Vorteil am Wheyprotein ist zwar, dass es schnell wirkt, aber eben auch nicht andauernd. In der Regel sollte 1-2 Stunden nach dem Training dann eine ordentliche Mahlzeit folgen, wenn nicht sogar die größte Mahlzeit des gesamten Tages, aber auch hier gibt es im Grunde keine Panik, wenn deine gesamte Ernährung auf den Muskelaufbau ausgerichtet ist.
Fazit
Obwohl Whey weitaus häufiger eingesetzt wird, ist Wheyprotein kein klarer Sieger im Vergleich zwischen Whey und Casein. Wie so häufig, muss man hier differenziert an die Sache herangehen und sich fragen:
– Möchte ich meinen Körper schnellstmöglich mit viel Eiweiß versorgen?
– Oder möchte ich, dass mein Körper auch noch in 4 Stunden mit Eiweiß versorgt ist, weil es jetzt erstmal nichts zu essen gibt?
Ein Allzweckmittel für deinen Proteinshake gibt es also nicht, aber je nachdem wann du genau Proteinshakes einsetzt und welchen Zweck du damit erreichen willst, kannst du auf Whey oder eben auf Casein zurückgreifen.
Maximale Erfolge!